Scheiden tut weh - Psychologische Beratungsstelle hilft Familien bei Trennung
"Wie können wir unseren
Kindern sagen, dass wir uns trennen wollen?" oder "Nach den Umgangswochenenden
ist mein Kind immer aggressiv" und "Seitdem ich eine neue Lebenspartnerin habe,
will mein Kind nicht mehr zum Besuchswochenende kommen."
Mit diesen häufig gestellten Fragen
und Anliegen kommen Eltern vor oder nach ihrer Trennung zur Psychologischen
Beratungsstelle (PB) für Eltern, Kinder und Jugendliche des Landkreises Rastatt.
Etwa jede dritte Ehe wird in
Deutschland geschieden. Die Hälfte aller Scheidungen betrifft minderjährige
Kinder, sodass jedes Jahr etwa 130.000 Kinder und Jugendliche die Scheidung
ihrer Eltern erleben. Im Landkreis Rastatt gab es im Jahr 2016 rund 360 neue Scheidungskinder.
Diese Trennung bedeutet immer einen tiefen Einschnitt für die Beteiligten. Und
für den Weg in ein neues Familienleben benötigt die Familie eine geraume
Übergangszeit. "Es ist wie auf einer Brücke zwischen zwei Inseln, da fehlt der
feste Boden unter den Füßen", veranschaulicht Rolf Bienwald, Psychologe und
Leiter der PB Gaggenau, die Situation vieler Familien.
Für die Kinder beginnt in der Regel
erst mit der räumlichen Trennung der Eltern der Abschied vom bisher gewohnten
Familienleben. Die Eltern sind zu diesem Zeitpunkt häufig einen Schritt weiter,
denn sie erlebten meist bereits vorher längere Unzufriedenheit in der
Partnerschaft. Wollte in der Regel mindestens ein Elternteil ein Ende der
Partnerschaft, so kommt das für die Kinder fast immer ungewollt.
Die neue Familiensituation
erfordert häufig von den Eltern eine Neubestimmung der eigenen Elternrolle. Die
von Vater und Mutter während der Ehe entwickelten Aufgabenteilungen passen
nicht mehr. Beide müssen in der neuen Situation verstärkt beide Elternrollen
zugleich ausfüllen. Wenn etwa das Kind am Besuchswochenende beim Vater erkrankt,
dann muss sich der Vater fürsorglich der Pflege annehmen, auch wenn er das
vorher eher der Mutter überlassen hatte.
Im Zuge der familiären Umwälzungen
bei der Trennung der Eltern entsteht für alle Beteiligten hoher Stress. So
entwickeln die Eltern oft Schuldgefühle, weil sie die Trennung als "Scheitern"
erleben. Die Kinder haben Angst, einen Elternteil zu verlieren, sind wütend und
traurig und müssen manchmal noch mit einer veränderten Wohnsituation oder dem
Verlust von Freunden und Schulkameraden klarkommen. "Kein Wunder, denn die
Familien erleben ein wahres familiäres Erdbeben", so Psychologe Bienwald. In
mindestens einem Drittel der Beratungen in der Psychologischen Beratungsstelle
spielen daher die Trennungs- und Scheidungsthemen eine wichtige Rolle. Die allermeisten
von der Trennung der Eltern betroffenen Kinder überwinden die familiäre Krise
ohne dauerhafte Störungen, wenn bei Bedarf auch Hilfe in Anspruch genommen wird.
Dabei hilft auch die Psychologische
Beratungsstelle mit ihren Angeboten. So können sich Eltern vor einer
anstehenden Trennung Rat holen, wie sie den Übergang möglichst
"kindverträglich" gestalten: Wann und wie informieren wir die Kinder? Auf
welche Belastungen müssen wir uns einstellen und wie können wir die Belastungen
für die Kinder abmildern? Auch nach der Trennung können die Eltern gemeinsam
oder auch jeder Elternteil für sich alleine das Beratungsangebot nutzen. Es
geht dann oft um Umgangsregelungen oder um die Frage, wie ein guter
Informationsaustausch zwischen den Eltern zum Wohle der Kinder geschaffen
werden kann.
Für die Kinder bietet die
Beratungsstelle Unterstützung durch Einzelsitzungen oder Kindergruppen an. In
der Einzelarbeit können sich die Kinder spielerisch oder im Gespräch damit beschäftigen,
wie es ihnen mit der Trennung ihrer Eltern geht oder welche Wünsche sie an die
Eltern haben. Bei Bedarf sind dann weitere Gespräche mit einem oder beiden
Elternteilen möglich.
Für Kinder etwa von der zweiten bis
zur fünften Klasse führen die Beratungsstellen des Landkreises auch regelmäßige
Gruppenangebote für Trennungs- und Scheidungskinder durch. Neben gemeinsamem
Spiel und Spaß haben die Kinder dabei die Möglichkeit, sich mit anderen
betroffenen Kindern über das Thema auszutauschen. Dabei werden wichtige
Veränderungen und Gefühle im Zusammenhang mit der Trennung der Eltern behandelt
und die Kinder machen die heilsame Erfahrung, dass es vielen Kindern ähnlich
geht und man auch glücklich werden kann, wenn Mama und Papa in verschiedenen Wohnungen
leben.