Kommunikative Barrierefreiheit in Krisenzeiten wichtiger
denn je
Gehörlose Menschen und Menschen mit anderen Hörbehinderungen
stoßen in puncto Informationen zum Coronavirus und zur aktuellen Lage überall
auf Barrieren. Die meisten Informationen über Ansteckung, Verbreitung und
Sicherheitsmaßnahmen gibt es nur in deutscher Schrift- oder Lautsprache. Es
werden kaum Informationen in Deutscher Gebärdensprache - die Muttersprache
gehörloser Menschen - zur Verfügung gestellt. Dies betrifft vor allem
Informationen über die Situation in Baden-Württemberg bzw. lokale
Besonderheiten und Bestimmungen. Zudem gibt es an vielen Stellen kein
barrierefreies Pendant zu eingerichteten Bürger-Hotlines.
Es ist dringend nötig, dass alle Menschen die notwendigen
Informationen erhalten, um sich selbst und andere schützen zu können. Der
fehlende Zugang zu gesundheitlichen Notfallinformationen führt zu massiver
Verunsicherung. Der Landesverband der Gehörlosen Baden-Württemberg fordert die
Verantwortungsträger/innen auf der Landes- und Kommunalebene auf, barrierefreie
Informationen zur Corona-Krise zur Verfügung zu stellen und barrierefreie
Kontaktmöglichkeiten für gehörlose Menschen und Menschen mit anderen
Hörbehinderungen zu schaffen.
Die ersten Schritte der Landesregierung hin zu mehr
Barrierefreiheit begrüßt der Landesverband sehr: Die Pressekonferenz und die
Ansprache des Ministerpräsidenten vom 13. März 2020 wurden durch die
Verdolmetschung in Deutsche Gebärdensprache auch gehörlosen Menschen zugänglich
gemacht. Auch manche Kommunen haben bereits einzelne Maßnahmen ergriffen.
Forderungen des Landesverbands an alle Akteure auf Landes-
und Kommunalebene:
- Alle Pressekonferenzen und Ansprachen mit
Live-Verdolmetschung in Deutsche Gebärdensprache mittels
Präsenzdolmetscher/innen für Deutsch und Deutsche Gebärdensprache
- Übersetzung von Videos zur Corona-Pandemie in
Deutsche Gebärdensprache
- Übersetzung von schriftlichen Inhalten in Form
von Gebärdensprachvideos
- Schaffung barrierefreier Kontaktmöglichkeiten
mit verantwortlichen Stellen als Alternativen zur telefonischen
Kontaktaufnahme/Hotlines für hörende Menschen. Dies ist am besten durch
Bereitstellung von Videotelefonie mit Gebärdensprachdolmetscher/innen möglich. Alternativ
können extra dafür vorgesehene E-Mail-Adressen oder Handynummern (zum Empfang
kurzer schriftlicher Nachrichten) veröffentlicht werden.
Baden-Württemberg hat sich mit dem Landesgesetz zur
Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen zu barrierefreien medialen
Angeboten verpflichtet: "Öffentliche Stellen (...) gestalten ihre Webseiten
einschließlich Apps und sonstigen Anwendungen für mobile Endgeräte sowie die
von ihnen zur Verfügung gestellten grafischen Programmoberflächen, die mit
Mitteln der Informationstechnik dargestellt werden (mediale Angebote) so, dass
sie von Menschen mit Behinderungen grundsätzlich uneingeschränkt genutzt werden
können" (§ 10).
Der Landesverband fordert alle Verantwortungsträger/innen
der Landes- und Kommunalebene auf, dem nachzukommen und für kommunikative
Barrierefreiheit zu sorgen.
Die Übersicht der Gebärdensprachdolmetscher/innen in
Baden-Württemberg, sortiert nach Postleitzahlen, ermöglicht eine unkomplizierte
Suche und Kontaktaufnahme: www.lv-gl-bw.de/dolmetscher/liste
Unter www.lv-gl-bw.de/corona
stellt der Landesverband laufend aktuelle Informationen (in Form von Videos in
Deutscher Gebärdensprache oder mit Gebärdensprachdolmetscher/innen) über das
Coronavirus zusammen.
Für die Kontaktaufnahmen mit Ärzt/innen und den
Gesundheitsämtern hat der Landesverband auf seiner Website zudem eine
E-Mail-/Faxvorlage erstellt. Diese soll gehörlose Menschen, die vermuten am
Coronavirus erkrankt zu sein, ermöglichen, per E-Mail oder Fax Kontakt mit der
jeweiligen Stelle aufzunehmen und den Austausch relevanter Informationen
erleichtern.
Über den Landesverband der Gehörlosen Baden-Württemberg
Der Landesverband der Gehörlosen Baden-Württemberg e.V. mit
seinen 29 angeschlossenen Mitgliedsvereinen und ca. 1.700 Mitgliedern versteht
sich als wirtschaftliche, sozialpolitische, kulturelle und berufliche
Interessenvertretung gehörloser und hörbehinderter Menschen in
Baden-Württemberg. Er leistet aktiv Aufklärungsarbeit zum Thema Hörbehinderung
und zur Gebärdensprache und arbeitet an einer gleichberechtigten Teilhabe
hörbehinderter Menschen in allen Lebensbereichen. Dabei steht insbesondere die
Förderung der Barrierefreiheit für den gleichberechtigten Zugang zu
Information, Kommunikation und Bildung im Fokus.
Kontakt
Landesverband der Gehörlosen Baden-Württemberg
Katrin Rehfuss und Miriam Saalfrank
Referentinnen für Selbsthilfe und Öffentlichkeitsarbeit
E-Mail: geschaeftsstelle@lv-gl-bw.de
Mobil: 01525 8736608